Lifestyle,  Meine Schilddrüse & Ich

Meine Schilddrüse und ich

Eine gesunde Schilddrüse sieht ein bisschen aus wie ein Schmetterling. Zu mindestens habe ich das so mal irgendwann in der Schule gelernt. Sie liegt im Hals, in der Nähe des Kehlkopfes und ist eigentlich nicht spürbar. Eigentlich. Ich glaube, vielen Menschen ist überhaupt nicht klar, wie wichtig dieses kleine Organ eigentlich ist. Sonst würde man in viel mehr Liedern was von der Schilddrüse hören, glaubt mir! In der Schilddrüse werden Hormone freigesetzt die für unglaublich viele Vorgänge im Körper verantwortlich sind. Sie regeln unter anderem die Körperwärme, Herz, Kreislauf, Magen und Darm, Muskeln aber auch das psychische Wohlbefinden, die sexuelle Lust und so weiter. Stimmt hier also etwas nicht, wird es problematisch.

Die Sache mit der Pubertät

Mit 13 wusste ich noch nicht viel über die Schilddrüse. Ich schätze, fast gar nichts. Ich wusste aber, das was nicht stimmt. Mit mir.
Ich konnte nicht mehr Schlafen, habe Angstattacken bekommen, mir war oft schlecht, meine Konzentration hat extrem schnell nachgelassen und ich habe mich fremd in meinem Körper gefühlt. Mit 13 allerdings ist das nicht unbedingt ungewöhnlich. Für die meisten Ärzte jedenfalls war sehr schnell klar, dass ich an einer Magersucht leide, mich von der Schule überfordert fühle, Depressionen bekomme oder einfach mitten in der Pubertät stecke.

Die größte Unterstützung in dieser Zeit waren meine Eltern, die nicht aufgehört haben, nach der Ursache zu suchen. Ich möchte nicht wissen, wie viele (junge) Menschen in die psychische Schublade geschoben werden, nur weil medizinisch nicht sofort ein Grund gefunden werden kann. Ja, es war scheiße, nicht mehr zur Schule gehen zu können, nicht mehr zu schlafen oder nicht mehr viel Essen zu können. Aber was am schlimmsten war, war das Gefühl nicht ernst genommen zu werden.

Die zündende Idee hatte irgendwann eine Kinderärztin. Spezifischere Blutwerte wurden genommen und (wer hätte es gedacht), es wurde etwas gefunden. Als Kind habe ich folgendes verstanden: Mein Körper ist etwas verwirrt. Er erkennt die Schilddrüse nicht so richtig an und arbeitet deswegen ab und zu gegen sie. Das macht er besonders, wenn er sowieso gestresst ist, weil er dann nicht mehr in Ruhe alle seine Aufgaben erledigen kann.

Ich habe Hashimoto

Ich habe Hashimoto. Was klingt wie ein japanischer Schnupfen, ist eine Autoimmunkrankheit. Das Hinterlistige an solchen Krankheiten: sie verstecken sich lange und tauchen oft erst auf, wenn es sowieso stressig ist. Manchmal legen sie sich dann wieder eine Weile zur Ruhe. Nur um einen hinterrücks erneut anzugreifen. Nein, das ist nicht heilbar. Aber mit Medikamenten, einem gesunden Lebensstil, Achtsamkeit und Nachsicht besser zu ertragen.
Manchmal fühle ich mich komplett gesund. Ich kann jeden Sport machen, reise viel durch die Welt. Ich habe studiert, mein Abitur gemacht, arbeite gerne. Ich kann hüpfen, springen, laufen, rennen, riechen, hören, sehen usw. Ich sehe gesund aus. Ich rede nicht viel über meine Krankheit, nur mit meinem engsten Kreis habe ich bis vor kurzem überhaupt darüber gesprochen. Ich will der Krankheit nicht zu viel Raum geben, sie soll nicht alles bestimmen.

Aber es gibt eben Zeiten, in denen stimmt überhaupt nichts. Da steht meine Welt Kopf. Das kündigt sich oft schon lange vorher an. Ich schlafe schlechter, unruhiger. Meine Gedanken rasen. Mein Appetit wird geringer, ich muss mich zwingen aus dem Haus zu gehen. Die Welt kommt mir auf einmal furchtbar kompliziert vor, anstrengend und überfordernd. Dann gibt es einen Peak. Einen Punkt an dem nichts mehr geht, ich zusammenbreche, egal wie gesund ich mich ernährt habe oder wie viel ich schlafe.

Schritt für Schritt

Dann wird es wieder besser. Schritt für Schritt. Weil nach der Dunkelheit wieder Licht kommt. Und nach Regen Sonne.

Durch meine Krankheit habe ich gelernt, dass man Menschen ihre Lasten nicht immer ansehen kann. Jeder Körper ist individuell. Wir sollten mehr zuhören und verstehen. Egal ob wir es wirklich verstehen oder nicht. Mehr Menschlichkeit, weniger Vorverurteilung.

Ich kann Probleme besser nachvollziehen, Ängste und Zweifel. Ich bin sensibler geworden, aufmerksamer, manchmal rücksichtsvoller. Aber auch misstrauischer mir selbst gegenüber. Es ist schwierig, sich zu vertrauen, wenn die Basis wackelt. Deswegen muss ich das immer wieder lernen. So ist das mit chronischen Krankheiten.

Ein Kommentar

  • Anja

    Ich glaube, ich sollte öfter daran denken, dass meine Probleme Hashimoto- Probleme sein könnten. Habe gerade auf 100 erhöht und fühle mich viel besser

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

5 × zwei =